Als Hersteller von Leistungsmodulen setzen wir bei SEMIKRON im Rahmen der Produktentwicklung die Finite Elemente Plattform ANSYS ein, da diese Software die Analyse in unterschiedlichen physikalischen Domänen, also der mechanischen, thermischen oder elektrischen Eigenschaften, - auch gekoppelt - ermöglicht. Auf den ersten Blick hat der Fortschritt bei der Rechenleistung eine Stufe erreicht, die eine realistische Modellbildung für leistungselektronische Module erlaubt. Sieht man jedoch näher hin, so zeigt sich, dass allein die Rechenleistung nicht ausreicht, um die komplexen Wechselwirkungen in realen Modulen nachzubilden.

Es beginnt bereits mit der Problematik, dass die in Leistungsbauelementen freigesetzte Verlustleistung selbst temperaturabhängig ist. Die verbreitete Annahme bei thermischen Simulationen, dass sich die Verlustleistung gleichmäßig auf parallele Chips verteilt, ist selten realistisch. Eine vollständig gekoppelte elektro-thermische Simulation, die die Stromverteilung auf dem Chip und zwischen parallelen Chips mit einer temperaturabhängigen exponentiellen Strom-Spannungskennlinie (Dioden, IGBTs) korrekt abbildet, ist nur mit tiefen Eingriffen in die Software möglich und ist mit erheblichem Aufwand bei der Modellerstellung verbunden.

Aber auch wenn man näherungsweise eine temperaturunabhängige Verlustleistungsdichte in den Bauelementen annimmt, führt die Modellierung des thermisch-mechanische Verhalten von Leistungsmodulen schnell zu einem fundamentalen Problem: die Bestimmung der stressfreien Temperatur für einen Stapel von Lagen mit unterschiedlichen Ausdehnungs-koeffizienten. Dazu muss der Herstellprozess nachgebildet werden und die plastischen oder sogar viskoplastischen Eigenschaften von Materialien und Verbindungsschichten müssen bekannt sein. Gerade die Bestimmung der temperaturabhängigen Materialeigenschaften und die Validierung an realen Proben stellt einen erheblichen Aufwand dar, der aber unerlässlich ist, wenn man von relativen Aussagen zu realitätsnahen Simulationsmodellen fortschreiten will.

Die Erwartungen von Simulationsexperten in Europa für die Zukunft der Simulation in der Aufbau- und Verbindungstechnik von Leistungsmodulen ist der Inhalt eines ECPE Workshops („The Future of Simulation in Power Electronics Packaging for Thermal and Stress Management“ 20./21.11.2018 in Nürnberg, www.ecpe.org), den ich zusammen mit Prof. Dr. Bernhard Wunderle von der TU Chemnitz vorbereite. Neben den oben genannten Problem-feldern soll hier auch diskutiert werden, ob die Bildung eines Netzwerkes zum Austausch von validierten temperaturabhängigen Materialparametern zwischen Experten aus Universitäten, Forschungseinrichtungen und der Industrie möglich ist.